Re: Herkunft Zahnrad ?


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Abgeschickt von ~Clemens am 07 November, 2006 um 12:30:09:

Antwort auf: Re: Herkunft Zahnrad ? von Uwe Menrath am 06 November, 2006 um 20:46:32:

" Er scheint auf seine "positive Profilverschiebung", welche eine Änderung der Zahnzahl ohne Umfangsänderung gestattet, wohl ein Patent zu haben."
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Hoi Uwe, dann wäre er ein gemachter Mann!

Ich versuch mal, dieses komplexe Thema ganz grob, unzulänglich aber hoffentlich verständlich zu umreißen:
Von Sonderfällen (v.a. Pumpen) einmal abgesehen, sind alle Zahnräder, denen Du begegnest, evolventenverzahnt.
Eine Evolvente entsteht, wenn man eine Gerade (= straff gehaltener Zwirnfaden) auf einem Kreis (= Zwirnrolle)
abrollt. Das Zahnprofil entsteht analog durch Abrollen des Rades auf einer Zahnstange mit trapezförmigen Zähnen.
Es gibt viele verschieden Herstellmethoden (Fräsen, Schleifen, Räumen etc.), aber eine ist tatsächlich die Massiv-
umformung zwischen zwei Zahnschienen.
Die Zahnbreite (Modul) ist dabei nicht frei wählbar (um die Fülle der notwendigen Formwerkzeuge zu begrenzen),
sondern muß aus einer vorgegebenen Zahlenreihe gewählt werden.
Wenn nun so'n armer Konstrukteur bei BMW oder Getrag oder sonstwo vor der Aufgabe steht, ein Getriebe zu konstruieren,
dann wird in irgendeinem Stadium mal der Wellenabstand festgelegt sein, und auf diese Wellen müssen jetzt fünf oder
sechs Zahnradpaare drauf, welche die gewünschten Übersetzungen liefern. Dabei muß er unvermeidlich Kompromisse
eingehen. Er muß zunächst mal die gewünschten Übersetzungen durch ganzzahlige Teilungen näherungsweise treffen.
(So'n halber Zahn am Ende, das geht nun mal nicht.) Dann muß er einen Modul auswählen, bei dem die Summe der beiden
resultierenden Teilkreisradien (den theoretischen Radien der Räder) dem tatsächlichen Wellenabstand möglichst
nahe kommt. Exakt treffen wird er dieses Maß jedoch nie. Die verbleibende Differenz gleicht er dann durch eine
Profilverschiebung aus.
"Profilverschiebung" bedeutet eine Verschiebung der erzeugenden Zahnstange relativ zu Radmitte.
Sie führt zu einer veränderten Zahnform, nämlich zur Verwendung eines anderen Abschnittes der Kurve, die wir vorhin
mit dem Ende unseres Zwirnfadens beschrieben haben.
Jetzt wird diese ganze Sache erst spannend:
Nehmen wir mal an, diese Profilverschiebung wäre nicht notwendig. Damit würden die beiden Teilkreisradien exakt in den
vorgegebenen Wellenabstand passen. Die beiden Teilkreise tangieren einander am sog. Wälzpunkt auf der Geraden,
welche die beiden Radmitten verbindet. Der Wälzpunkt teilt diese Strecke im Verhältnis der Übersetzung. Ein solches
Getriebe nennt man übrigens Nullgetriebe, weil die Profilverschiebung bei beiden Rädern Null beträgt. Die Wälzkreise
(das sind die tatsächlich wirksamen Raddurchmesser, wenn man sich beide Räder als runde Reibräder vorstellt) entsprechen
den Teilkreisen.
Nehmen wir nun mal an, zur Überbrückung des Wellenabstandes würden uns noch ein paar Zehntel fehlen. Wir wollen dies
durch eine positive Profilverschiebung an einem Rad ausgleichen und das andere unverändert lassen (Nullrad). Die veränderte

Zahnform des einen Rades führt nun dazu, daß der Wälzpunkt entsprechend wandert und den neuen Abstand der Räder
wieder im exakt richtigen Verhältnis teilt. Die Veränderung eines Rades führt also dazu, daß wir auch das unveränderte
zweite Rad auf einem anderen theoretischen Durchmesser (dem neuen Wälzkreis) nutzen.
Das ist der Clou bei der Evolventenverzahnung und der Grund, weswegen sie sich auf so breiter Front durchgesetzt hat.
Der selbe Effekt tritt ein, wenn z.B. der Wellenabstand nicht exakt stimmt oder sich die Wellen unter der Last etwas durchbiegen.
Und aufgrund dieser Zusammenhänge können auch findige Leute einen längeren fünften Gang anbieten und dabei nur ein
einziges Zahnrad liefern.

to be continued endlessly

Gruß,

Clemens





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