Have a ... brake !


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Abgeschickt von ~Clemens am 10 August, 2004 um 16:06:01:

Antwort auf: Re: Bremsenvergleich von alfred am 10 August, 2004 um 13:55:36:

...
: Das hat aber weniger mit den Bremsen an sich zu tun, sondern vielmehr mit Erfahrung das Vorderrad knapp an der Haftgrenze zu fahren.
: Noch ein Hinweis: Der meiste Bremsweg wird durch rasches und entschlossenes Ziehen am Hebel gewonnen. Zwei Finger ständig am Bremshebel, nur 1/4 Sekunde bei 100 km/h zu spät gezogen sind locker 7 m verschenkt. Es lohnt meiner Erfahrung nach mehr, diesen Punkt mehr Augenmerk zu schenken.
: mfg alfred
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Bei Schreckbremsungen ist es mir relativ häufig passiert, daß ich das Vorderrad überbremst habe!
Hab' mich dann immer in dem Gefühl gesonnt, "an den Grenzen der Physik" operiert zu haben, aber
bei näherem Hinsehen war dieser Standpunkt nicht haltbar! Wenn man gefühlvoll anbremst, die Last
entschlossen, aber doch allmählich auf's Vorderrad bringt, lassen sich weit höhere Bremskräfte
übertragen, als beim gefühllosen, Jesse-James-mäßigen Zuhauen im Affekt. Mit der originalen
Bremsanlage genügen dann zwei Finger bei weitem nicht, sondern es braucht 'ne wirkliche Hand und
kein Händchen. (-> Ein Klimmzug am Türrahmen mit der linken Hand am rechten Handgelenk stellt 'ne
gute Übung dar.)
Man sollte sich auch davor hüten, Bremsungen, die einem unter "Laborbedingungen" auf dem leeren
Supermarktparkplatz oder beim schrittweise Herantasten im Rahmen eines Sicherheitstrainings gelingen,
mit den eigenen Fähigkeiten im realen Verkehrsgeschehen zu verwechseln. Ähnlich wie bei der Schräglage
beim Kurvenfahren zählt m.E. nur das, was wir unter allen Bedingungen in kürzestmöglicher Zeit
realisieren können.
-> Bremsen muß man permanent üben!
"Der Durchschnittsfahrer erreicht durchgängig nur etwa 65% der Vorderradlast wie der Rennfahrer, ein
deutlicher Hinweis auf das viel härtere Anbremsen der Kurven durch den Profifahrer und den vergleichsweise
großen Abstand, den der Normalfahrer vom der maximal möglichen Bremsverzögerung hält."
(Jürgen Stoffregen, "Motorradtechnik" Kap.7.1 "Betriebsfestigkeit von Fahrwerkskomponenten", Vieweg Verlag)
Hoffen wir mal, daß 65% der zusätzlich zur statischen Last induzierten Kräfte gemeint sind - dann ist es
immer noch beschämend genug.
Ich habe vor kurzem schon mal geschrieben, daß ich häufig z.B. am Ortseingangsschild mal 'ne Vollbremsung
probiere, wenn keiner hinter mir ist oder sonstwie 'zuguckt'. Mit der Zeit entwickelte sich so ein Gefühl
für die enormen Reibwertunterschiede der verschiedenen Straßenbeläge (bislang nur am Reifen, nicht am Hosenboden
erprobt :-). Auch zeigte sich, daß beim harten Bremsen in Schräglage doch ein deutliches Aufstellmoment
vorhanden ist, das ich so im normalen Betrieb noch nie verspürt hatte.
Zusätzlich zu den bereits erwähnten Rissen um die Profilklötze, habe ich außerdem das Gefühl, daß es dem Lenkkopf
und der Bremsscheibe "weh tut" (knackt beim Lösen). Hab' außerdem seit einiger Zeit das Phänomen, daß der Druckpunkt
sich nach einem kurzen, knackigen Bremsmanöver in Richtung 'früh' verschiebt und dort 'ne Weile bleibt, bis er
wieder in seine normale Position absinkt (meist nach ein paar zarteren Bremsungen). Dies hat gewiß nichts mit
Luftblasen in der Bremsleitung etc. zu tun. Irgendwas scheint sich zu verkanten.
Solange es geradeaus geht, läßt sich ein überbremstes Vorderrad übrigens ganz gut beherrschen. Es dauert doch 'ne
ganze Weile, bis man auf der Nase liegt. Somit bleibt genug Zeit, die Bremse wieder zu lösen und die Kuh zu fangen.
Lt. oben zitiertem Buch (der Autor war früher Entwickler bei BMW, heute ist er dort Pressesprecher) geht die
Entwicklung zukünftiger ABS-Systeme für Motorräder übrigens dahin, mit einmaligem Überbremsen den maximal möglichen
Bremsdruck zu 'erlernen' um dann bei einem zweiten Druckaufbau möglichst nahe an diese Grenze vorzudringen.
-> Nur noch ein einziger ABS-Puls! (Das Buch ist heute freilich auch schon wieder acht Jahre alt.)
Aber im Prinzip beschreibt dies ziemlich genau, was wir eigentlich erlernen müßten: Solange wir das Rad nicht
überbremst haben, können wir nie sagen, daß wir wirklich am Limit waren.

Gruß,

Clemens

PS: Mit der ollen /5 gilt uneingeschränkt das, was Du gesagt hast. Wenn man aus 140km/h zu zögerlich anbremst, merkt man,
wie bei Tempo 80 die Bremse 'dahinschmilzt' und hat dann einen elend langen Bremsweg.



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