Re: Endantrieb


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Abgeschickt von ~Clemens am 27 Januar, 2005 um 13:02:01:

Antwort auf: Re: Endantrieb von Alexander Bauer am 27 Januar, 2005 um 08:50:52:

: Hi,

: :Setzfuge ein, erhalte mir aber andererseits lange, "geduldige" Radschrauben.

: Umschreib mal "geduldig" besser. Wenn es um bedenken hinsichtlich Länge ("tragendes" Gewinde) der Schrauben geht, dann kann ich Dich beruhigen.

: Da hilft dann das ausmessen der Gewindetiefe im Endantrieb (Gewinde ist bei meinen drei Endantrieben voll geschnitten) und Messen des "Überstands" der Schrauben (durchgesteckt durch Felge). Es bleibt alles gleich. Die GS Nabe ist halt im Vergleich zur Monolevernabe "komplett" anders.

:
: Gruß

: Alexander

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Hallo Alexander,

Du holst mich grad auf dünnes Eis!
Ich sehe kein Problem bei der Einschraubtiefe, sondern bei der Dehnlänge der Schraube.
Stell Dir dazu die Schraube als Zugfeder vor.
-> Je länger der Schaft, desto weicher die Feder.
--> Eine doppelt so lange Schraube dehnt sich um den doppelten Betrag, wenn man sie mit dem gleichen Drehmoment anzieht, wie eine halb so lange Schraube.
(Länge jeweils gemessen von Kopfauflage bis zum ersten tragenden Gewindegang, also der frei dehnbare Schaft. Genaugenommen zählt man noch 0,4 x Schraubendurchmesser hinzu, um die elastische Nachgiebigkeit der tragenden Gewindegänge und des Kopfes zu berücksichtigen.)
Die Kraft, mit der die verschraubten Teile zusammengespannt werden, ist in beiden Fällen gleich.
Deshalb ist die Schraubenlänge bei ruhenden Verbindungen relativ wurscht, wenn man von Setzerscheinungen einmal absieht.
(Beim Setzen geht man von festen Beträgen pro Fuge aus, weswegen kurze Schrauben natürlich viel mehr Vorspannkraft verlieren als lange und deshalb prinzipiell schon mal nachteilig sind.)
Wie auch immer, die kurzen Schrauben, die z.B. die Bremszange am Gabelholm halten, sind in Schraubrichtung ruhend beansprucht und von daher in Ordnung.

Bei schwellender Belastung sieht die Sache jedoch anders aus, und die Schrauben, welche die beiden Hälften der Zange zusammenhalten, sind aus gutem Grund länger:
Beim Anziehen der Schraubverbindung wird nicht nur die Schraube gedehnt, sondern auch die Auflageflächen ( = die zusammengespannten Bauteile) gestaucht.
Wenn jetzt eine schwellende Betriebskraft (etwa der Innendruck in der o.g. Bremszange) wirkt, nimmt die Stauchung der zusammengespannten Bauteile ab, während die Dehnung der Schraube weiter zunimmt.
Der Spannungsausschlag im Gewinde ist dabei direkt abhängig von der Federrate der Schraube und muß im Interesse der Dauerhaltbarkeit möglichst klein gehalten werden.

-> Je länger die Schraube, desto kleiner der Spannungsausschlag im Gewinde und desto besser die Dauerhaltbarkeit der Verbindung.

Klassisches Beispiel hierfür sind die Zylinderstehbolzen.

Radschrauben:
Am Auto oder Gespann sind die Radschrauben bei Kurvenfahrt einer schwellenden periodischen Beanspruchung ausgesetzt.
Die Fliehkraft induziert am kurvenäußeren Rad eine Zugspannung in die Schraube, wenn sie sich oberhalb der Nabe befindet (und eine Druckspannung in die Auflageflächen unterhalb der Nabe).
Die Schraubenkraft schwingt also mit der Raddrehzahl sinusförmig auf und ab.
Beim Solomotorrad ist dieser Effekt wesentlich geringer, aber nicht Null.
Zusätzlichen Streß verursacht außerdem die unterschiedliche Wärmedehnung der Alutrommel zum Stahlflansch, an dem sie befestigt ist.
Bei heißer Trommel stehen die Schrauben - wenn auch minimal - schräg.
An einem alten 1600er VW ist es mir mal passiert, daß sich bei einer Rumkurverei im Gebirge ein Hinterrad gelöst hat.
Da kam alles zusammen: Hohe Fliehkräfte (schwer beladen), heiße Trommel, großes Rad und kleiner Lochkreis mit nur vier Schrauben.
Ich habe das - speziell von dem Auto - übrigens schon öfter gehört. Radnabe und Trommel waren bei dieser Kiste noch ein gemeinsames Bauteil.

BMW hat irgendwann von drei Radschrauben auf vier umdisponiert und dafür sicherlich gute Gründe gehabt.
Im Werkstatthandbuch weist BMW darauf hin, nur "Radschrauben mit Längenkennzahl 60" zu verwenden.
Nach dieser Längenkennzahl hab ich mir die Finger wund gegoogelt und nix dazu gefunden.
Ich kann Dir also nicht sagen, ob dies schlicht eine Längenangabe bedeutet oder ob es irgendwas mit der Federrate zu tun hat.
Vielleicht weiß ja jemand anderes was dazu zu sagen.

Auch sonstige Ergänzungen, Korrekturen und v.a. praxisbezogene Aussagen zu diesem von mir doch arg theoretisch abgehandelten Thema sind mir sehr willkommen.
Vielleicht schätze ich die Dinge ja auch falsch ein.
Aus meiner Praxis: Ich konstruiere viele Dampfkammern (Schäumformen) aus Aluminium ( = schwellender Innendruck bis 20bar bei großen Temperaturschwankungen).
Dabei bohre ich die Schraubenlöcher für die Zuhaltung immer möglichst tief (min. 4 x D) in die Wände hinein.
An den Grund kommt dann eine Gewindebüchse und so hält's dann zuverlässig.

Gruß,

Clemens





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